Das Stifterpaar
Hans Erich und
Marie Elfriede Dotter
Das Stifterpaar
Hans Erich und
Marie Elfriede Dotter
Ein Leben in und für Eberstadt
Hans Erich Dotter (1920–2012) und Marie Elfriede Dotter (1927–2006) waren ihrer Heimat sehr verbunden. Nach seiner Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft im Januar 1948 gründete der völlig mittellose Hans Erich Dotter am Standort Darmstadt-Eberstadt das Friseurkosmetik-Unternehmen Goldwell und ließ sich hier nieder. Seine Vision: Frauen sollten nach den entbehrungsreichen Kriegszeiten wieder Gelegenheit haben, etwas für sich zu tun, ihre Schönheit zu unterstreichen und endlich auch wieder die angenehmen Dinge des Lebens zu genießen.
Meilensteine
Am 12. Februar 1920 wird Hans Erich Dotter in Eberstadt geboren. Eine unruhige Zeit: Die Nöte des Ersten Weltkriegs sind noch spürbar, das Land befindet sich in einem Prozess der Neuorientierung. Eberstadt ist noch stark landwirtschaftlich geprägt, es entstehen aber auch erste Industrieanlagen. Während der Vater darum kämpft, die Familie zu ernähren, kümmert sich die Mutter Sophie intensiv um Hans Erich und seine Schwester Gisela. Eine starke Bindung, vor allem zur Mutter, entwickelt sich.
Hans Erich Dotter ist ein guter Schüler. Mit 14 Jahren beginnt er eine kaufmännische Ausbildung im Darmstädter Bekleidungsfachgeschäft Stegmüller. Hier fühlt er sich sehr wohl und arbeitet bis 1940 als „tüchtiger und strebsamer“ Verkäufer für den Betrieb.
Dann der unfreiwillige Abschied: Hans Erich Dotter wird zunächst zum Arbeitsdienst und dann, 1941, zum Wehrdienst bei der Luftwaffe eingezogen. Wie viele andere gerät er schließlich in russische Kriegsgefangenschaft. Nach unvorstellbaren Strapazen erreicht er nach seiner Entlassung im Januar 1948 endlich wieder Darmstadt, das weitgehend in Trümmern liegt.
Die Idee
Hans Erich Dotter ist zu diesem Zeitpunkt so abgemagert, dass ihn seine eigene Schwester nicht wiedererkennt. Dank der Pflege seiner Mutter erholt er sich jedoch schnell – und fasst bald den Entschluss, sich selbstständig zu machen. Im Gespräch mit einem befreundeten Friseur kommt ihm die zündende Idee: Nach dem Krieg wollen Frauen endlich wieder schön sein und sich etwas Gutes tun. Dabei möchte er sie mit seinem revolutionären neuen Produkt unterstützen: der neuen „kalten Dauerwelle“, wesentlich schonender als die bis dahin übliche Heißdauerwelle.
Seine Schwester und ihre Freundinnen – darunter auch seine künftige Ehefrau Marie Elfriede Wolf – sind begeistert und dienen mit ihren Köpfen als „Versuchskaninchen“. Bereits im September 1948 erhält der strebsame Hans Erich Dotter vom Regierungspräsidium Darmstadt die Genehmigung zur Fabrikation seines Dauerwellenprodukts.
Es geht aufwärts: Die Wirtschaft boomt und auch Hans Erich Dotters Unternehmen, gegründet aus dem Nichts und völlig ohne Kapital, wächst. Die Idee der Kaltwelle setzt sich durch – für den findigen Unternehmer ist das aber kein Grund, sich auszuruhen. Er baut eine eigene Entwicklung und Produktion auf, bringt weitere Produkte wie Shampoos und Festiger auf den Markt und vertreibt sie exklusiv an Friseurfachgeschäfte. Dafür sind über 40 Außendienstmitarbeiter in ganz Deutschland unterwegs. Der Weg zum vollwertigen Anbieter von Haarkosmetik ist geebnet.
1953 heiraten Hans Erich und Marie Elfriede Dotter. 1958 eröffnet Goldwell eine erste kleine Fabrik außerhalb von Deutschland in der Nähe von London.
Nach dem Umzug in das neue Wohnhaus in der Eberstädter Zerninstraße – dem heutigen Sitz der Stiftung – ist Marie Elfriede Dotter überzeugt: Das Unternehmen Goldwell ist ein voller Erfolg, und sie unterstützt es gerne weiterhin tatkräftig. Goldwell knackt eine neue Umsatzmarke und erwirtschaftet 1960 erstmals 10 Millionen Mark. Und Hans Erich Dotter ist unbeirrt auf Expansionskurs: Haarsprays und Haarfärbemittel sind neue, vielversprechende Produkte im Portfolio.
Ein buntes Jahrzehnt, das aber auch für Umbrüche und Veränderungen steht: Nicht zuletzt die Ölkrise stellt neue Anforderungen an Unternehmen, und so muss sich auch Hans Erich Dotter etwas einfallen lassen, um Goldwell zukunftsfähig zu halten.
Als echter Macher begegnet er der Krise mit neuen Produkten und setzt dabei erfolgreich auf Haarlack und neue Dauerwell-Techniken sowie Trainings und Schulungen für Friseure. Im Jahr des 30. Jubiläums steht Goldwell hervorragend da.
Aufbruch in eine neue Zeit: Im Jahrzehnt der Wiedervereinigung wächst das Bewusstsein der Menschen vor allem auch im Hinblick auf Umweltschutz und mehr Natürlichkeit. Goldwell greift den Trend auf und entwickelt besonders hautschonende Haarfärbemittel mit möglichst vielen natürlichen Wirkstoffen.
40 Jahre Goldwell
Die Friseurbranche erlebt in diesen Jahren einen Einbruch – Goldwell unterstützt sie deshalb mit neuen Konzepten, die auch Kosmetikprodukte wie Lippenstifte und Nagellacke beinhalten, um ihr Angebot zu erweitern. Zudem investiert Hans Erich Dotter verstärkt in internationale Märkte, die dem Unternehmen beeindruckende Umsatzsteigerungen bescheren. 1988 erwirtschaften 1.600 Goldwell-Mitarbeiter 400 Millionen Mark Jahresumsatz
Das Unternehmen feiert seinen 40. Geburtstag, Hans Erich Dotter ist 68 Jahre alt und denkt darüber nach, sich aus dem aktiven Geschäft zurückzuziehen. Da er und Marie Elfriede keine Kinder haben, entschließt er sich, das Unternehmen zu verkaufen. Einen würdigen Nachfolger findet er in dem japanischen Unternehmer Yoshio Maruta. Beide Männer verbinden starke Gemeinsamkeiten in ihrem Werdegang, Wertekanon und ihrer Geschäftsphilosophie. Zu seinem 70. Geburtstag geht Hans Erich Dotter in den Ruhestand. Goldwell wird Teil der Kao Unternehmensgruppe und bleibt als eigenständige Marke bis heute bestehen.
Hans Erich und Marie Elfriede Dotter beschließen, eine Stiftung zu gründen, um ihr beträchtliches Vermögen auch nach ihrem Tod für das Wohl Darmstadt-Eberstadts und seiner Bewohner einsetzen zu können. Mit dieser Entscheidung setzt Hans Erich Dotter auch den Wunsch in die Tat um, „seinen Eberstädtern“ etwas von seinem Reichtum zurückzugeben.
Unternehmer, Visionär, Menschenfreund
Hans Erich Dotter begann mit nichts in der Hand und wurde doch zu einem ganz Großen. Sein Unternehmen Goldwell, das er 1948 in einem Keller in Darmstadt-Eberstadt gründete, gehörte zu den „big names“ der internationalen Haarkosmetikindustrie. Was ermöglichte diesen großen Erfolg? Welche Menschen begleiteten ihn auf seinem Weg? Und was trieb den aus einfachen Verhältnissen stammenden Firmengründer an?
Das Buch zeichnet anschaulich nach, wie Hans Erich Dotter mit seinem großen unternehmerischen Erfolg auch ein Stück Wirtschaftsgeschichte schrieb.
„Es gibt für mich kaum ein beglückenderes Gefühl als zu spüren, dass man etwas in seinem Leben geleistet hat, dass man für andere Menschen Gutes tun konnte.“
(Hans Erich Dotter in seiner Rede zum 30-jährigen Firmenjubiläum)